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[   Band 6 Brief 113:    Caroline an Humboldt     Genzano, 19. August 1818   ]


freundlicher, verträglicher geworden. Die Söhne bedurften das am
meisten, bei großem, entschiedenem Talent waren sie nicht glücklich
und von vielen nicht geliebt. Die Schlegel ist wirklich eine recht
liebe und recht vorzügliche Frau. Dich liebt und verehrt sie ganz
ausnehmend.
Wir waren im Palast Cesarini, wo wir die göttlichste Aus-
sicht genossen. Eine wundervolle Klarheit umfloß Himmel und
Erde. Etwas rechts auf der Meeresfläche hin entdeckten wir die
Umrisse von Ischia und des hohen Epomeo. Es war gerade heute
ein Jahr, wo wir es verließen. Meine Augen füllten sich mit Tränen
der Freude und des Dankes, als ich die geliebte, schöne, feenhafte
Insel wiedersah. Je tiefer die Sonne sank, je klarer trat sie hervor.
Der den Brief mitnimmt, will fort.
Ewig Deine treue Li.


114. Humboldt an Caroline                    London, 21. August 1818

Teure, geliebteste Seele, Du leidest also wieder . . .
Die Schilderung, die Du mir von Gabrielen machst,
hat mich tief gerührt. Es ist ein holdes, liebes Kind,
und die weit mehr inneren Gehalt und eigentliche Tiefe hat als
ein Mädchen, vorzüglich in ihrem Alter, leicht besitzt. Aus einem
Briefe von der lieben Adelheid sah ich neulich auch, daß sie und
August sie gleichfalls so ansehen, gewissermaßen idealischer, viel-
leicht sogar höher als sie selbst.
Nibbio erhält, was er zu empfangen denkt, so spät, daß, wie
ich es von hier ansehe, alle Hoffnung des Gelingens vergeblich ist.
Es ist sehr sonderbar. Man hat fast überall eine gute und selbst
vorzügliche Meinung von den Fähigkeiten der Menschen, die bei
uns angestellt sind, und von den Arbeiten, die von uns, sei es aus

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