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[   Band 6 Brief 124:    Humboldt an Caroline    London, 18. September 1818   ]


ständen kann. Die einzige Manier ist da die, von der mir Rother
schrieb, und diese zieht er auch gewiß vor, schon einzig darum, daß
ich sein Stellvertreter heiße. Dies, glaube mir, macht unendlich
viel. Denn es kommt ihm, ganz umgekehrt als er sagt, nicht dar-
auf an, daß ich wirklich diene, aber keinen Namen davon habe,
sondern es kommt ihm alles auf den Namen an. Vielleicht auch
ergreift er die Sache von Frankfurt. Allein die steht nicht ganz
in seiner Hand. Denn es ist noch die Frage, ob es zu diesem
Rezesse, der dort zu machen ist, wirklich kommt. Du wirst es viel-
leicht am allerbedenklichsten und zweifelhaftesten finden, teures Kind,
ob er nun meine Briefe dem König gibt. Allein das kann er doch
nun nicht anders, und jetzt würde ich keine Umstände weiter machen,
sondern sie dem König geradezu selbst schicken. Ich hatte einen
Augenblick Lust, das schon mit dem jetzigen zu tun. Allein ich
wollte doch lieber dies in diesem Augenblick noch schonen. Es ist
immer meine Manier, und die ich immer gut gefunden habe, lang-
sam zu den letzten Maßregeln zu schreiten. Die Krise ist einmal
jetzt da und kann nun nicht mehr fehlen, wie er sie auch hinhalten
mag, zur Entscheidung zu kommen. Ich habe mich ausgesprochen,
meinen Gang bestimmt angegeben und brauche ihn jetzt nur mit
Festigkeit zu verfolgen. Mein Benehmen muß vor jedem gerecht-
fertigt daliegen. 
Freilich fühle ich sehr gut, daß, wenn ich, wie ich als ent-
schieden ansehe, nicht aus dem Anteil an Geschäften herauskomme,
nun auch erst die Schwierigkeit für mich anhebt. Denn ich trete
nun in eine eigene Sphäre, wo man also auch andere Anforderungen
an mich machen wird. Ich wirke viel unmittelbarer auf das, was
den Staat in seinen wesentlichsten Teilen betrifft. Allein dies
Wagen muß ich übernehmen und tue es gern. Ohne dies ist es
auch nicht möglich, weder seine eigenen Ideen durchzusetzen, noch
wahrhaft Gutes zu stiften. Ich bin einmal zu tief in Staats-

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