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[   Band 7 Brief 5:    Caroline an Humboldt     Dresden, 25. Mai 1820   ]


5. Caroline an Humboldt                       Dresden, 25. Mai 1820

Dein lieber Brief aus Tegel vom 19. ist in meinen Händen
und ich stelle mir vor, daß Du gestern den meinen vom
22. erhalten haben wirst, da Du zum Geburtstage der
guten Prinzessin Luise *) gewiß hereingekommen bist.
Mit Weigel habe ich denn nun endlich vorgestern und gestern
umständlich gesprochen, ach! und das Resultat bleibt immer Karls-
bad und vielleicht nachher noch Teplitz. Doch letzteres nur 14 bis
16 Tage. Allein das alles mit den Tagen der Reise, hier im
Zurückkommen ein paar Tage Aufenthalt, führt immer den 25. Juli,
wo nicht den 31. herbei. C’est désolant! aber was will ich machen?
Seine Ansicht, hat mir Weigel gesagt, will er Dir schriftlich mit-
teilen. Überhaupt spricht er von noch einem Jahr nach diesem, in
dem er vermutet, daß die Kur wiederholt werden müsse, allein
dann hofft er ein gesünderes Alter. Meine Hände sind geschwollen
wie jemals, doch beinah schmerzlos, und im übrigen habe ich eine
Periode seltener Schmerzlosigkeit in den Füßen. Nur die Schwäche
beim Hinuntersteigen der Treppen, die bleibt dieselbe. Schlafen
tue ich ganz besonders gut hier in Dresden. Wie viel hübscher
als Karlsbad wäre es in den lila Gängen in Tegel. Es wird
heut um eine kleine Wohnung geschrieben, und meine Idee ist,
den 3. hier abzureisen und den 5. mittags dort zu sein. Jordan **)
kommt oft zu mir. Er hat mir erzählt, daß der Staatskanzler
bedeutend krank gewesen wäre, daß es aber besser mit ihm ginge.
Das hiesige Corps diplomatique lerne ich poco a poco bei Bom-
belles kennen.
Die Natur hier erfreut mich auf wunderbare Weise. Schön

———
*) Fürstin Anton Radziwill, Tochter des Prinzen Ferdinand von
Preußen, geb. 1770, † 1836.
**) Seit November 1818 preußischer Gesandter in Dresden.

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