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[   Band 6 Brief 111:    Caroline an Humboldt     Rom, 13. August 1818   ]


mal setzen. Der Tod, der allen Neid auslöscht, gibt ihm einstimmig
unter allen Künstlern das Zeugnis, daß keiner ihn an Phantasie
und eigentümlicher Auffassung der Natur erreichte. Aber er
wäre dabei nicht stehengeblieben. Der Ritter, von dem ich Dir
schrieb, der Hagen aus dem Nibelungenlied, dem die Wassernixen
den Tod verkünden, war schön wie ein Dürer. Cornelius selbst
macht keine solche Figur, und Fohr war 22 Jahr alt. Ich sollte
eine besondere Zuneigung zu ihm haben. Man gab ihm allgemein
einige Roheit und Streitsucht schuld. Seit einigen Monaten hatte
er das abgelegt, er war auffallend mild und fein im Umgang ge-
worden, und zu Lengerich hatte er einmal im Winter gesagt, er
wäre jetzt glücklicher als er je gewesen wäre, seitdem er zu mir
kommen dürfte, denn nun hätte er doch einen Zweck, warum er sich
all das Heidelberger Studentenwesen abgewöhnte, er fühle wohl,
wie das gar nicht in die Nähe edler Frauen passe, und man solle
ihm gewiß nichts mehr der Art vorzuwerfen haben. Ich übte eine
Gewalt über ihn aus, die er sich gar nicht zu erklären wisse, aber
der er gern folge. Lengerich hat mir das erzählt, wie er zu uns
nach Nocera kam.
Wir fahren morgen hinaus nach Genzano. Wir werden in
demselben Hause mit der Schlegel und Herz wohnen und ein acht
Tage draußen bleiben, teils weil es kühler ist, teils weil es uns
Freude macht, so einige Tage mit den Damen zu sein und die ge-
wohnten Gegenden zu sehen. Ach, ich bin auch schon einmal am
14. August hinausgefahren — — und ich werde das Casino wieder-
sehen! O Wilhelm! Wilhelm! Einzig schöner holder Knabe, wo
bist Du nun?
Das Benehmen des Staatskanzlers in Hinsicht Deiner, auch
in Hinsicht des Postens, den Du bekleidest, ist wirklich unerklärbar,
unbegreiflich.
Caroline Wolzogen habe ich kürzlich geschrieben. Ihr Brief

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